Einfach erklärt: Wie bremsen eigentlich Bremsen?
Das Konzept des Bremsens ist, unter uns gesagt, ziemlich simpel: Es ist die Kunst, ein fahrendes Fahrzeug anzuhalten oder zu verlangsamen. In dieser Einführung wollen wir etwas tiefer in das Thema eintauchen und erklären einerseits, was beim Bremsen passiert und andererseits, was gute Bremsen von erstklassigen Bremsen unterscheidet.
In der Reihe «Einfach erklärt» brechen wir komplexe Themen so herab, dass sie auch für Fachfremde verständlich sind. Auf unserem Ausflug in die Welt der Bremsen begleitet uns Gareth Thomas, Senior Engineer bei Polestar, der sich bereits seit unzähligen Jahren mit diesem Bereich beschäftigt.Wie im letzten Artikel dieser Reihe beginnen wir mit einem kleinen Crash-Kurs zur Physik. Ist ein Fahrzeug in Bewegung, enthalten die Räder Bewegungsenergie, auch kinetische Energie genannt. Drückt man das Bremspedal, üben die Bremsen Reibung auf die Räder aus. Das heisst, sie drücken die Bremsscheibe zusammen und wandeln die kinetische Energie in Wärmeenergie um. Die Bewegungsenergie des fahrenden Autos wird aufgrund der Reibung in Wärme umgewandelt – ähnlich wie wenn du deine Hände aneinander reibst, wenn dir kalt ist. Dadurch, dass das Fahrzeug Wärme abgibt, kommt es zum Stehen.Seit der Entwicklung des ersten Fahrzeugs gab es unzählige Varianten von Bremssystemen, aber eines hatten sie alle gemeinsam: Sie benötigten Reibung beim Bremsen. Eine der ersten Varianten bestand ganz einfach aus Holzteilen, die gegen das Rad drückten. Diese Lösung war zwar alles andere als optimal, da sie zu einer erheblichen Abnutzung der Räder führte, aber sie funktionierte – eben aufgrund der Reibung, welche die hölzernen Bremsklötze erzeugten.
Trommelbremsen und hydraulische Bremsen
Wie kann man nun aber Reibung auf das Rad ausüben, ohne es zu beschädigen? Die brillanten Bremsenbauer zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen auf die geniale Idee, eine Trommel am Rad zu befestigen. Innerhalb der Trommel befanden sich zwei hitzebeständige Beläge, die während einer Bremsung nach aussen gegen die Trommel drückten. Da die Trommel am Rad befestigt war, wurde die Bremskraft auf das Rad übertragen und verlangsamte das Fahrzeug. Damit war zwar das Problem der Abnutzung aus dem Weg geräumt, allerdings hatten diese ersten Bremssysteme noch ein paar weitere Schwachstellen.In den ersten Autos war ein komplexes System aus Verbindungen und Seilen notwendig, um den Druck des Pedals auf die Räder zu übertragen. Drückte man das Bremspedal, wurde das am Rad befestigte Bremsseil gezogen. Das mag vielleicht einfach klingen, dadurch entstanden jedoch zwei grosse Schwierigkeiten. Abgesehen davon, dass die Seile zum Reissen neigten, stellte die erforderliche Präzision, um an allen Rädern den gleichen Bremsdruck zu erzeugen, eine enorme Herausforderung dar. Ausserdem führten nicht korrekt gespannte Seile dazu, dass sich der Wagen beim Betätigen der Bremse drehte.Dieses Problem wurde mit der Einführung von hydraulischen Bremsleitungen gelöst. Hydraulische Bremsleitungen sind Schläuche, die das Bremssystem mit den am Rad befestigten Trommeln verbinden. Diese Schläuche sind mit einer Bremsflüssigkeit gefüllt, die nicht komprimiert werden kann. Das heisst, sie übertragen die Kraft, die beim Betätigen des Bremspedals entsteht, ohne Leistungsverluste. Der Einsatz von unter Druck stehender Bremsflüssigkeit ermöglicht es, den Bremsdruck beim Betätigen der Bremse über alle Bremsleitungen gleichzeitig zu übertragen. In den 1950er Jahren wurden in Autos nur hydraulische Bremsen eingesetzt. Wir fassen kurz zusammen: Bislang haben wir es dank der Trommeln und hydraulischen Bremsleitungen geschafft, die kinetische Energie des sich bewegenden Rads auf kontrollierte Weise in Wärmeenergie umzuwandeln. Was passiert jedoch mit all der entstandenen Wärmeenergie?
Bremsscheiben und -sattel
Werden Bremsen überbeansprucht und somit zu heiss, hat dies fatale Auswirkungen auf die Bremsleistung. Die Bremsen sind nicht mehr in der Lage, kinetische Energie in Wärme umzuwandeln und es kommt zum sogenannten Bremsschwund, dem Nachlassen der Bremswirkung durch Überhitzung. Die Lösung ist einfach: Man ersetze die Trommeln durch Bremsscheibe und -sattel. Die Bremsscheiben sind auf dem Rad angebracht und drehen durch den Bremssattel. Während bei Trommelbremsen die Beläge nach aussen gedrückt werden, drückt der Bremssattel bei der Scheibenbremsung gegen die Bremsscheibe. Dadurch entsteht… – du ahnst es schon – Reibung. Je grösser der Scheibendurchmesser und die Bremsbelagfläche, desto höher die Bremskraft.Scheibenbremsen liegen auch bei der Wärmeableitung vorne, wobei die Wärme auf unterschiedliche Weise abgeführt wird. Erstens ist der Bremssattel nicht in einer Trommel eingeschlossen, sodass die Hitze problemlos entweichen kann. Zweitens führen kleine Löcher in der Scheibe die heisse Luft ab. Und drittens - Bremskühlkanäle. Das sind kleine Tunnel, die von der Vorderseite des Fahrzeugs bis an die Rückseite der Bremsen verlaufen. Sie sorgen dafür, dass Frischluft die Bremsen kühlt. So als würde man sich an einem heissen Sommertag vor einen Ventilator setzen, um sich abzukühlen.Auch wenn Scheibenbremsen eine höhere Bremsleistung erzielen, sind Trommelbremsen keineswegs schlechter oder weniger sicher. Scheibenbremsen sind im Vergleich zu Trommelbremsen in der Herstellung und beim Ersetzen sehr viel teurer. Es kann ausserdem zu einer Korrosion der Oberflächen kommen, wenn die Scheibenbremsen nicht regelmässig genutzt werden oder wenn das Fahrzeug für längere Zeit nicht gefahren wird. Da es sich bei einer Trommelbremse um ein vollständig geschlossenes System handelt, ist sie weniger anfällig für Korrosion. Trommelbremsen können ausserdem auch als Handbremse fungieren, wodurch das Bremssystem vereinfacht wird.
Abnutzung
Um die Nutzungsdauer von Bremsen zu maximieren, sollte man ihnen möglichst wenig Energie zuführen. Das heisst, anstatt unmittelbar und stark zu bremsen, sollten die Bremsen früher und mit weniger Kraft betätigt werden. Dadurch wird weniger Druck durch das Bremssystem geleitet und die Reibung zwischen den Bremsbelägen und Bremsscheiben verringert, wodurch die Energie langsamer abgeleitet wird.An kalten Wintertagen kann es passieren, dass die Handbremse einfriert, wenn das Auto für längere Zeit im Freien abgestellt wird. Um dies zu verhindern, kann das Auto in einer Garage parkiert werden, in der die Temperatur etwas höher ist.Wir hoffen, wir konnten dir mit diesem Crash-Kurs die Welt der Bremsen etwas näher bringen. Falls du noch nicht genug hast, klicke auf den Pfeil unten, um mehr über unsere Bremssysteme und unseren renommierten Partner Brembo zu erfahren.