Was ist V2G und wie könnte es unsere Energieinfrastruktur verändern?
Stellen Sie sich vor, Ihr Elektroauto könnte mehr leisten, als Sie nur an Ihren Wohnort zu bringen (z. B. Ihre Stromrechnung bezahlen)? Mit dem Einsatz der V2G-Technologie könnte diese Vorstellung Realität werden, und zwar sehr viel schneller als Sie denken.
Auf den ersten Blick mögen Elektrofahrzeuge eine ernsthafte Belastung für das Stromnetz darstellen. Kritiker befürchten immer wieder, dass die veralteten und unzureichenden Stromnetze unter der hohen Stromnachfrage, die durch das Laden der Batterien von Elektrofahrzeugen entsteht, zusammenbrechen könnten. Aber mit der Realisierung einer Technologie, die als Vehicle-to-Grid (V2G) bezeichnet wird, könnte die Zuverlässigkeit und Flexibilität des Stromnetzes erheblich verbessert werden.
Was ist V2G und wie unterscheidet es sich von anderen V2X?
V2G steht für die Fähigkeit eines Elektrofahrzeugs, Energie aus dem Stromnetz zu speichern und wieder in das Stromnetz einzuspeisen. Einfach ausgedrückt: Sobald ein Fahrzeug an eine Ladestation angeschlossen ist, kann es als mobile Stromquelle dienen, die bei Spitzenbedarf Energie in das Stromnetz einspeist oder sie zum Ausgleich des nachhaltigen Energiebedarfs verkauft.
Dies unterscheidet sich sowohl von V2H (Vehicle-to-Home) als auch von V2L (Vehicle-to-Load), die sich auf die Stromversorgung eines Haushalts bzw. die Versorgung von Werkzeugen, Elektrofahrrädern und Geräten konzentrieren. Beide versorgen den Haushalt direkt mit Notstrom und speisen überschüssige Energie nicht in das Stromnetz ein. Im Falle von V2L handelt es sich um eine relativ einfache Technologie, die auch heute schon gut funktioniert.
Es gibt zwar viele Fahrzeug-zu-'x'-Technologien, doch V2G zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, saubere Energie in großem Stil bereitzustellen.
Gehen wir noch etwas näher darauf ein, was diese Technologie so revolutionär macht.
Warum ist das wichtig
Die Entscheidung, Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien zu verwenden, ist ausschlaggebend für das Erreichen der Klimaziele. Allerdings lässt sich nicht vorhersagen, wann erneuerbare Energien im Stromnetz für die Verbraucher verfügbar sein werden, und stellt zudem höhere Anforderungen an unsere Energieinfrastruktur und Stromnetze.
Die Lösung dafür ist eine Staffelung von Angebot und Nachfrage zwischen dem Zeitpunkt, an dem man den Strom zum Fahren braucht, und dem Zeitpunkt, an dem die Energie im Stromnetz benötigt wird.
Geparkte E-Fahrzeuge als Energiespeicher zu nutzen, ist ein effizienter Weg, um die Energienachfrage im Stromnetz zu streuen. Wenn beispielsweise EV-Besitzer ihre Fahrzeuge während der regulären Arbeitszeit aufladen (wenn normalerweise viel Solar- und Windenergie in das Stromnetz eingespeist wird), können sie ihre Gemeinde mit zusätzlichem Strom versorgen, sobald die Nachfrage ansteigt.
Laut einer aktuellen Studie müssten im weltweiten Durchschnitt nur 30 % der EV-Besitzer an V2G-Programmen teilnehmen, um den Bedarf an Energiespeichern bis zum Jahr 2030 zu decken. Sollte Kalifornien die geschätzten 14 Millionen Elektrofahrzeuge, die bis 2035 auf den Straßen unterwegs sein werden, vollständig nutzen, könnte der Staat genug Strom für jeden Haushalt für drei Tage produzieren, schätzt der Natural Resources Defense Council.
Zur Beschleunigung dieser Umstellung in Kalifornien haben wir vor kurzem eine Zusammenarbeit mit der kalifornischen Energiekommission und dem unabhängigen, gemeinnützigen Energieforschungsinstitut EPRI für eine von Vinnova finanzierte Vorstudie zur Erstellung eines Fahrplans für V2G-Dienste in Kalifornien angekündigt. Diese Vorstudie wird im Dezember dieses Jahres beginnen und bis Oktober des folgenden Jahres laufen.
Welche Vorteile bietet V2G
Nicht nur, dass die V2G-Technologie dazu beiträgt, den steigenden Strombedarf zu decken (und gleichzeitig unsere Abhängigkeit von nicht-erneuerbaren Energiequellen zu verringern), sie bringt auch eine Reihe von Vorteilen mit sich.
Für Versorgungsunternehmen ist V2G eine wirtschaftliche Möglichkeit, den steigenden Energiebedarf zu decken und gleichzeitig erneuerbare Energiequellen wie Windkraft effektiver zu nutzen. Das bedeutet billigere und zuverlässigere Stromdienstleistungen für die Bevölkerung.
Darüber hinaus ermöglicht V2G auch die Subventionierung der Kosten für den Besitz eines Elektrofahrzeugs. Durch den Rückverkauf von Strom an das Stromnetz können EV-Besitzer sowohl den Übergang zu einer grünen Energieinfrastruktur erleichtern als auch ihre Fahrzeuge monetarisieren.
Die Umstellung der Energieinfrastruktur wird natürlich nicht an einem Tag stattfinden. Die Vehicle-to-Grid-Technologie steckt noch in den Kinderschuhen und Ladestationen müssen mit einer Software ausgestattet werden, die mit dem zentralen Stromnetz kommuniziert, um den Gesamtbedarf des Systems zu jedem Zeitpunkt zu messen.
EV-Hersteller müssen zudem die Implementierung von bidirektionalen Lademöglichkeiten in ihren Fahrzeugen vorantreiben, da derzeit nicht alle EVs damit ausgestattet sind. Dies passiert mit dem Polestar 3.
Polestar ergründet die Zukunft von V2G in neuem Pilotprojekt
Gemeinsam mit der schwedischen Energieagentur Svenska Kraftnät, der Chalmers University of Technology, dem Anbieter von Heimladestationen Easee und den Energieunternehmen Göteborg Energi Nät und Vattenfall leitet Polestar jetzt ein neues V2G-Testprogramm in Göteborg, Schweden.
"Unseren Schätzungen zufolge können an V2G gekoppelte Fahrzeuge in Zukunft bis zu 20 % des Bedarfs an Flexibilitätsdiensten hier in Göteborg beitragen. In diesem Fall kann die Bereitstellung zusätzlicher Energie aus der Fahrzeugbatterie zurStabilisierung des Netzes beitragen", sagt Lars Edström, CEO von Göteborg Energi Nät AB.
Während des Pilotprogramms kann eine Gruppe von Polestar 3-Besitzern ihre Energiekapazität auf dem öffentlichen Energiemarkt über ein sogenanntes Virtuelles Kraftwerk (VPP) verkaufen. Durch den Einsatz dieser Technologie kann die Batteriekapazität und -verfügbarkeit der Fahrzeugflotte basierend auf Daten aus der Vergangenheit so geplant werden. So können sie mehr Geld mit ihren Fahrzeugen verdienen.
Klingt kompliziert? Nein, der Kunde muss gar nichts tun. Er schließt einfach sein Ladegerät an, gibt seinen wöchentlichen Plan ein, wann er mit dem Auto fahren muss, und die intelligente Ladetechnik erledigt den Rest.
Emanuella Wallin, Polestar V2G Projektleiterin, kommentiert: "Das Projekt ist das größte Pilotprojekt in Schweden und eines der ersten in Europa mit dieser Partnerzusammensetzung. Wir denken an eine Zukunft, in der unsere Autos auch unseren Kunden neue Einnahmequellen und einen Mehrwert bieten können."
"Bei früheren V2G-Projekten lag der Fokus in der Regel auf dem einzelnen Besitzer, aber die Kombination von E-Fahrzeugen in einer Fahrzeugflotte bringt das Ganze auf die nächste Stufe. Das VPP wird die gesamte Flotte dazu befähigen, gemeinsam als flexible Energiequelle auf dem Energiemarkt zu agieren", sagt Emanuella Wallin. "Die Auswirkungen dieses Projekts könnten weitreichend sein und das Potenzial für neue Best Practices bieten, die in allen Regionen angewendet werden können."
Durch den Zusammenschluss mit staatlichen Behörden, Akademikern und wichtigen Akteuren der nationalen und lokalen Energieinfrastruktur hat sich Polestar das Ziel gesetzt, E-Fahrzeuge von einer Belastung für das Stromnetz zu einem Vermögenswert zu machen. "Der Einfluss, den die V2G-Technologie auf die Umwelt, das Stromnetz, die Unternehmen und die Kunden haben kann, ist riesig. Das ist der Beginn eines Wandels im Denken über EVs", so Emanuella Wallin.